Außerordentlicher Deutscher Ärztetag in Berlin: Einigung zur GOÄ-Reform

250116

Berlin – Höhere Arzthonorare für die Behandlung von Privatpatienten – das war das Kernthema bei der Novelle der GOÄ. In einem Beschluss formulierte der Ärztetag am Sonnabend die Voraussetzungen für diese Novelle. Die Bundesärztekammer wurde beauftragt, die Gesetzesinitiative zur Anpassung der Bundesärzteordnung und den Entwurf der neuen GOÄ abschließend zu prüfen und gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit freizugeben.

„Der Deutsche Ärztetag hat der Bundesärztekammer auf beeindruckende Weise den Rücken gestärkt. Das war ein klarer Vertrauensbeweis für den Vorstand der Bundesärztekammer und die Verhandlungsführer der BÄK, die sich seit Jahren für eine neue GOÄ einsetzen" so Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery.

Ursprünglich wurde der Sonderärztetag mit 250 Delegierten einberufen, weil es innerhalb der Ärzteschaft erheblichen Streit zum Entwurf der neuen GOÄ gibt. Die Gebührenordnung für Ärzte wurde seit über 20 Jahren nicht mehr umfassend an den Stand der Wissenschaft angepasst. Dies hat dazu geführt, dass ärztliche Leistungen für Privat-Patienten nach einem Behelfssystem (Analogziffern) abgerechnet werden. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat eine Einigung zwischen den verhandelnden Parteien zur Voraussetzung für eine neue Verordnung noch in dieser Legislaturperiode gemacht.

Einig sind sich die Ärzte, dass ein neues Honorarsystem her muss. Streit gibt es jedoch über die Ausgestaltung dieses Systems. Künftig soll es nur noch einen Honorarsatz geben (ausgewiesen in Euro und Cent), der auch nur noch in Ausnahmefällen erhöht werden kann. Der Verhandlungsführer der Ärzteschaft, Theodor Windhorst, forderte, dass am Ende der Verhandlungen mit der PKV „ein Plus“ stehen müsse.

Derzeit erstatten die privaten Kassen jährlich rund elf Milliarden Euro für ambulante ärztliche Leistungen. Dazu kommen einige Milliarden Euro von selbst zahlenden gesetzlichen Kassenpatienten.

Kritiker des neuen Systems befürchten, dass es sich der gesetzlichen Krankenversicherung annähert. „Es geht weiter in Richtung Sozialgesetzbuch“, sagte der Vizepräsident der Ärztekammer Berlin, Elmar Wille. In dem Vorschlag, dass eine gemeinsame Kommission von Ärzten, PKV, Beihilfe und Gesundheitsministerium die Gebührenordnung regelmäßig an moderne Gegebenheiten anpassen solle, sahen viele Redner des Ärztetages die Eigenständigkeit der Ärzte gefährdet. Der Gesundheitsminister und die Krankenversicherer bekämen zu viel Einfluss.

Die überwiegende Mehrheit des Ärztetages hielt die Bildung und die Aufgaben der Kommission - ständige Weiterentwicklung der GOÄ, Integration des medizinischen Fortschritts, Interpretation von Leistungslegenden, Schaffung von Regeln für die Anwendung des Steigerungssatzes und Korrektur bei Fehlentwicklungen - jedoch für sinnvoll.

Als enttäuschend für die niedergelassenen Ärzte wertete die Allianz Deutscher Ärzteverbände den Beschluss des Sonderärztetages. Sie trete zwar für eine Novellierung der GOÄ ein, allerdings für eine, „die die Freiberuflichkeit der ärztlichen Tätigkeit schützt und eine angemessene und rechtssichere Vergütung gewährleistet“.

Insgesamt kann die neue GOÄ nicht mehr, als ein Kompromiss werden.

 

Voraussetzungen für GOÄ-Novelle:

  1. Die neue GOÄ erfüllt weiterhin eine doppelte Schutzfunktion für Patienten und Ärzte: Durch das Festlegen ausgewogener Preise werden die Patienten vor finanzieller Überforderung geschützt und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet. 
  2. Durch das Festlegen nicht unterschreitbarer Gebührensätze unter Berücksichtigung gerechtfertigter Ausnahmefälle werden die notwendigen Voraussetzungen einer menschlichen und qualitativ hochwertigen Patientenversorgung gewährleistet.
  3. Das Gebührenverzeichnis der neuen GOÄ entspricht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Darin noch nicht abgebildete innovative Leistungen können wie bisher ohne Verzögerung durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte erbracht und analog mittels gleichwertiger vorhandener Gebührenpositionen abgerechnet werden.
  4. Abweichende Honorarvereinbarungen sind weiterhin möglich.
  5. Gehalts- und Kostenentwicklungen einschließlich des Inflationsausgleichs sind bei der Festlegung der Euro-Preise der Gebührenpositionen der neuen GOÄ und deren künftig fortlaufenden Überprüfung und Anpassung in einem fairen Interessenausgleich mit den nach § 11 BÄO "zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten" zu berücksichtigen. Die Festlegung und Weiterentwicklung der Euro-Preise der neuen GOÄ soll unter Erhalt ihrer Doppelschutzfunktion auch im Vergleich mit der Anpassungshöhe und den Anpassungsintervallen anderer Gebührenordnungen freier Berufe angemessen sein.
  6. Die Bundesärztekammer verständigt sich mit dem BMG, dem PKV-Verband und der Beihilfe darauf, während der geplanten 36-monatigen Monitoringphase im Anschluss an die Inkraftsetzung der neuen GOÄ eventuelle Inkongruenzen hinsichtlich der Abrechnungsbestimmungen, der Legenden und Bewertungen der Gebührenpositionen unter Anhörung der ärztlichen Verbände und Fachgesellschaften zu identifizieren und zu beheben. Die Praktikabilität und die Angemessenheit der neuen Steigerungssystematik werden überprüft und dabei festgestellte Mängel behoben. Die Ergebnisse der Prüfungen und die daraufhin ergriffenen Maßnahmen werden durch die Bundesärztekammer fortlaufend veröffentlicht.

(reis/BVASK)

 

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