Zu viele Kliniken, zu viele Betten, zu wenig Personal. Deutschland ächzt unter der Last der Vielzahl seiner Krankenhäuser wie kein zweites europäisches Land. Da die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und sehr geburtenschwache Jahrgänge in den Arbeitsmarkt kommen, ist diese Art der medizinischen Versorgung nicht mehr länger durchzuhalten. Die Regierungskommission hat deshalb Empfehlungen zur Ambulantisierung von Leistungen herausgegeben. Welche das sind, wie sie umgesetzt werden können und welche Auswirkungen das haben wird – darüber referiert Prof. Tom Bschor, Mitglied der Regierungskommission Krankenhäuser, auf dem 35. Jahreskongress des BVASK im Düsseldorfer Medienhafen.

Unter anderem sollen Krankenhäuser mit ihren Spezialisten und Geräten eine hochqualitative Versorgung stärker ambulant anbieten können, insbesondere im ländlichen Raum, in dem die Versorgung durch Arztpraxen zunehmend lückenhaft wird. „Krankenhäuser auf dem Land („Sicherstellungshäuser“) bekommen das Recht, Facharztpraxen zu eröffnen. Für kleinere Krankenhäuser wird die attraktive Möglichkeit geschaffen, sich in sogenannte sektorübergreifende Kliniken umzuwandeln, wobei sektorübergreifend bedeutet, dass diese Krankenhäuser grundsätzlich neben den Krankenhausbetten auch ambulante Medizin anbieten, und zwar im hausärztlichen Bereich genauso wie im Facharztbereich“, sagt Bschor.

Ein besonderer Engpass in der ambulanten Versorgung besteht in der Kinderheilkunde. Alle Krankenhäuser oder Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin können mit der Krankenhausreform deshalb sogenannte Institutsambulanzen eröffnen.

Bei vielen Behandlungen, die heute noch in Deutschland im Krankenhaus durchgeführt werden, ist eine Überwachung in der Nacht nicht erforderlich, so Bschor. Die aktuellen Reformen ermöglichen es bereits seit 2023 für alle Krankenhäuser, Behandlungen tagesstationär durchzuführen. Dies bedeutet, dass Patienten während einer ganz normalen Kartenhausbehandlung zu Hause schlafen dürfen, wenn dies medizinisch und sozial möglich ist. Die Behandlung wird dann jeweils am nächsten Morgen in der Klinik fortgesetzt – jedoch nur mit Einverständnis des Patienten.

Neu eingeführt wurden Hybrid-DRGs (Fallpauschalen, die ambulante und stationäre Behandlungen abdecken). Hierfür gibt es jetzt eine einheitliche Vergütung. Dadurch fallen ökonomische Fehlanreize weg, eine Krankenhausbehandlung durchzuführen, obwohl der Eingriff medizinisch auch ambulant möglich wäre. Derzeit wird daran gearbeitet, den Katalog mit den Untersuchungen und Behandlungen, die als Hybrid-DRG vergütet werden, stark zu erweitern.

Zusätzlich soll laut Regierungskommission das Belegarztsystem deutlich gestärkt werden. Belegärzte sind in normalen Arztpraxen tätig, behandeln ihre Patienten aber selbst in der Klinik, wenn diese – zum Beispiel für eine Operation – eingewiesen werden müssen.

 

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