Mit seinem Gesetzesvorhaben zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unter den Niedergelassenen für einen Sturm der Entrüstung gesorgt: Bewährte Verbesserungen in der ambulanten Versorgung, die 2019 mit dem TSVG eingeführt wurden, sollen rückgängig gemacht werden. Konkret geht es um die Neupatientenregelung – die für eine schnellere Vergabe von Behandlungsterminen gesorgt hat.

Mit Aktionen, Praxispausen, Unterschriftensammlungen von über 50.000 Ärzten und offenen Briefen protestieren die niedergelassenen Ärzte deshalb derzeit: auch und gerade zum Wohle der Patienten.

Es würden derzeit ernsthafte Versorgungsprobleme geschaffen. Eine Sparpolitik auf dem Rücken der Praxen und damit der Patienten sei inakzeptabel, so der Tenor aller Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland bis hin zur KBV.

Gesundheitsminister Lauterbach selbst hatte als Abgeordneter vor gut drei Jahren das TSVG noch befürwortet und die Neupatientenregelung maßgeblich mit vorangetrieben. Sollte sich der Minister mit seinen Sparplänen jetzt durchsetzen, bedeutet dies auch das Aus für die extrabudgetäre Vergütung der im Zuge des TSVG neu geschaffenen Leistungen, denen somit der finanzielle Boden unter den Füßen wegbrechen würde.

¡  In der Öffentlichkeit wird gern die irrige Annahme wiedergegeben, dass die Niedergelassenen zusätzliches Geld für Neupatientinnen und Neupatienten bekommen. Das ist falsch: Es handelt sich bei der extrabudgetären Vergütung dieser Leistung vielmehr um eine endlich angemessene Aufwandsentschädigung. Durch die nach wie vor bestehende Budgetierung gewähren die Niedergelassenen den Krankenkassen permanent zehn Prozent Zwangsrabatt auf ihre erbrachten Leistungen.

Im Vertrauen auf den Bestand gesetzlicher Regelungen haben die Praxen trotz größter Belastungen ihr Terminangebot ausgebaut und dafür auch investiert. Es wurden neue Vollzeit-Stellen geschaffen. Ohne entsprechende Gegenfinanzierung dieser Investitionen können viele das Leistungsangebot nicht aufrechterhalten. Patienten müssen dann wohl wieder teils deutlich längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Besonders akut sieht es in chirurgischen Praxen aus: hier sind etwa 40 Prozent Neupatienten.

Mehr stationäre Einweisungen, Wegfall von Arbeitsplätzen, langes Warten auf Termine

Auch viele Stellen der Medizinischen Fachangestellten (MFA) fallen dann weg. Wegen der hohen Belastungssituation in den Praxen wäre das für die verbleibenden Teams hochdramatisch, so Insider.

In ganz Deutschland fordern die niedergelassenen Ärzte: „Herr Bundesminister, unterlassen Sie diesen Unsinn.“

Die Abschaffung der Neupatientenregelung würde zu mehr Leiden bei Schmerzpatienten führen, zu mehr stationären Einweisungen bei akuten Fällen, Ärzte können nicht mehr kalkulieren, Arbeitsplätze fallen weg, die junge Generation wird in der Zukunft kaum noch eine Praxis führen können.

Gern würden die Niedergelassenen ihr Versorgungswissen, welches sie täglich in der Praxis generieren, mit einbringen. Die Politik müsse dafür nur ihre Schranken öffnen und konstruktive Dialoge anbieten. Benötigt wird eine Gesetzgebung, die eine Terminvergabe auch nach Dringlichkeit regelt.

Die Neupatientenregelung darf nicht fallen, „sie hat Steuerungswirkung“, so die KVen. Der Wegfall wäre eine schwere Fehlentscheidung, die großen Schaden anrichten würde. Eine Politik, die der ambulanten Versorgung die notwendige Finanzierung entzieht, sei schlichtweg eine verantwortungslose Politik!“

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