Der regelmäßige Austausch, sowohl fachlich als auch berufspolitisch ist eben von höchster Wichtigkeit, wie manch Einer nach der langen Corona-Zeit zu spüren bekam.

So ging es politisch und im Interesse der Arthroskopeure und Orthopäden dann auch gleich ums Ganze, als Dr. Ralf Müller-Rath, 1. Vorsitzender des BVASK, einen Überblick gab.

Probleme bei den Meniskusnahtsystemen

Noch immer gibt es arge Probleme bei der Abrechnung von Sachkosten in Zusammenhang mit ASK. Bei den Meniskusnahtsystemen erfolgt häufig die Verweigerung der Zahlung mit Bezug auf ein UIrteil des SG Stuttgart. Allerdings ist es auch mehrfach gelungen, durch Stellungnahmen des BVASK die Zahlung seitens der Kasse zu erwirken.

Müller-Rath erläuterte die neuen Abrechnungsbesonderheiten, die mit der Aufnahme der ACT in den EBM verbunden sind.

Hier heißt es: „Die Gebührenordnungspositionen zu den OPS-Kodes 5-801.ah, 5-801.kh,5-812.8h und 5-812.hh sind nur bei Patienten mit einem Gelenkknorpeldefekt des Kniegelenks des Schweregrads III oder IV gemäß der Klassifikation der International Cartilage Repair berechnungsfähig.

Die Gebührenordnungspositionen zu den OPS-Kodes 5-801.ah und 5-812.8h sind nur dann berechnungsfähig, wenn die Entnahme des Knorpelgewebes in einer Einrichtung gemäß § 20b Absatz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) und unter Einhaltung der Vorschriften des Transplantationsgesetzes erfolgt.“

Bzgl. Sachkosten: „Die gemäß Anhang 2 zum EBM den OPS-Kodes 5-801.ah, 5-801.kh, 5-812.8h und 5-812.hh zugeordneten Gebührenordnungspositionen für die OP-Leistungen des Abschnitts 31.2 EBM beinhalten nicht die Sachkosten im Zusammenhang mit der Durchführung der matrixassoziierten autologen Chondrozytenimplantation.

Die entstehenden Kosten sind entsprechend Nr. 7.3 der Allgemeinen Bestimmungen gesondert berechnungsfähig.

Soweit aufgrund besonderer Umstände beide Leistungen bei einem Patienten nicht vollständig durchgeführt werden können (wie etwa Infektion des Patienten) werden die anfallenden Sachkosten ebenfalls nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM (vgl. Nr. 7.3) erstattet.“

Änderungen im EBM und Förderung ambulantes Operieren

Die Änderungen im EBM wurden ebenso aktuell vorgestellt, wie die Förderung ambulantes Operieren. Bei der Verlängerten Nachbeobachtung gelte:

„Es wird die Möglichkeit eingeführt, Patienten verlängert in der OP-Einrichtung zu betreuen. Hierzu wird eine Ziffer eingeführt, die je 30 Minuten mit 77 Punkten abgerechnet werden kann (31530).

Die verlängerte Nachbeobachtung kann bei Kindern unter 12 Jahren und im Anschluss an die Erbringung eines operativen Eingriffs der OP-Kategorie 5 bis 7 erbracht und abgerechnet werden. Es werden eine Reihe weiterer geriatrischer Diagnosen genannt, die aufgrund der erheblichen Schwere jedoch kaum für ambulantes Patientenklientel eine Bedeutung haben dürften. Die Überwachungs- und Nachbeobachtungszeiten sind durch die Verlaufs-/Patientendokumentation nachzuweisen. Erfolgt eine Nachbeobachtung im Anschluss an die Erbringung eines operativen Eingriffs der OP-Kategorie 5 bis 7 ist dies medizinisch zu begründen

Die postoperative Überwachungszeit nach den Gebührenordnungspositionen 31505 bis 31507 (in Zusammenhang mit E5, E6 und E7) und die verlängerte Nachbeobachtungszeit nach der GOP 31530 dürfen in Summe nicht das Doppelte der jeweiligen postoperativen Überwachungszeit gemäß Nr. 2 übersteigen.“

Sektorengleiche Vergütung – aber wie?

Erhitzte Gemüter gibt es immer wieder auf dem Weg zur speziellen sektorengleichen Vergütung.

Für die Niedergelassenen wird die Aufnahme des §115f erhebliche Folgen haben:

„Die Vertragsparteien nach § 115b Absatz 1 Satz 1 vereinbaren bis zum 31. März 20231. eine spezielle sektorengleiche Vergütung, die unabhängig davon erfolgt, ob die vergütete Leistung ambulant oder stationär erbracht wird, und 2. für welche der in dem nach § 115b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 vereinbarten Katalog genannten Leistungen die Vergütung nach Nummer 1 erfolgt.

Die nach Satz 1 Nummer 1 vereinbarte Vergütung ist für jede nach Satz 1 Nummer 2 vereinbarte Leistung individuell als Fallpauschale zu kalkulieren.“

Doch, so Müller-Rath: bei der Sektorengleichen Fallpauschale (Hybrid-DRG) stelle sich die Frage: Hybrid woraus? aDRG? Pflege? Abschläge? SSB? SK? Aus der Ist-Kosten-Kalkulation mit DRG-Abwärtsspirale? Aus Kalkulationspraxen? Und: Sektorengleiche Vergütung bei unterschiedlichen Bedingungen? 

Bis zur Vollendung der Reform bleibt es äußerst spannend. Eine Spannung auf die viele Selbstständige wohl gern verzichten würden.

Mischung aus interessanten Workshops, Clip Tipps, spannenden Fachvorträgen und essenzieller Berufspolitik

Die Mischung aus interessanten Workshops, Clip Tipps, spannenden Fachvorträgen und essenzieller Berufspolitik, für die der BVASK-Kongress so bekannt ist, war auch im Jahr 2023 wieder einmalig. Neben der „Knienahen Osteotomie beim jungen Erwachsenen” ging es zum Beispiel um Themen wie: “Einzeitige vs. zweizeitige Knorpelrekonstruktion: wer hat die Nase vorn?“, „Modernes Personal Recruiting“, die „Neuordnung des ambulanten Sektors“, die „Sprunggelenkinstabilität als Update 2023“, die „Funktionelle Bewegungsanalyse“, um „Selektivverträge – als Chancen für niedergelassene Operateure“ oder auch um die Frage „Der angestellte Operateur – win-win oder lose-lose?“.

Was tun, wenn der Meniskus kaputt ist?

Besonders spannend war der Vortrag zu einem neuen synthetischen Meniskus-Ersatz. Über Chancen und Risiken dieses neuen Ersatzes referierte Prof. Dr. Jürgen Höher, Facharzt für Orthopädie & Unfallchirurgie /Sportmedizin, Leitender Arzt der Sportsclinic Cologne.

Bei jungen Menschen gibt’s die Möglichkeit einer Meniskus-Transplantation, für alte Menschen eine Knie-Prothese. Doch im Alter zwischen 40 und 60 Jahren ist der Meniskus-Verlust noch immer ein Problem. Für eine gelungene Meniskus-Transplantation sind die Betroffenen häufig zu alt. Für ein künstliches Kniegelenk sind diese Patienten wiederum oft zu jung, es heißt hier also, Zeit zu gewinnen und zu überbrücken bis zu einem endgültigen kompletten Knie-Ersatz.

Seit einem Jahr nun sei ein synthetischer Ersatz für den Meniskus in der klinischen Anwendung verfügbar– entwickelt in den USA und Israel. Höher: „Innerhalb von Studien testen wir auch in Deutschland derzeit diesen Ersatz und machen teils gute Erfahrungen. Das Material ist wie eine Gummi-Scheibe und wird über einen 5 Zentimeter kleinen Schnitt ins Knie eingeschoben und angepasst.“

Die Herausforderung sei es, die richtigen Patienten für dieses Verfahren zu finden, denn nicht jeder Patient profitiert von dieser Methode. Ist die Arthrose schon zu weit fortgeschritten, kann es zum Materialbruch kommen. Der synthetische Ersatz sei also eher etwas für Patienten mit Meniskus-Verlust bei noch gut erhaltenem Gelenkknorpel.

Im Rahmen der Studien laufen die derzeitigen Tests weiter, bis – noch in diesem Jahr – die offizielle Zulassung für das Material in den USA und dann auch in Europa kommen soll.

Ein anderes wichtiges Thema im Medienhafen in Düsseldorf war die Gruppenbildung in der Orthopädie.

Sind Orthopädische MVZ die Zukunft oder der Ausverkauf?

Gegenüber anderen Bereichen in der Medizin haben die Orthopäden spät angefangen, Netzwerkgruppen und große Gemeinschaftspraxen zu bilden oder sich an einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) zu beteiligen. Denn Gruppenbildung ist sehr kapitalintensiv und politische Debatten machen auch davor nicht halt. In letzter Zeit steht zunehmend die Frage im Raum, ob diese großen Verbünde von Ärzten eine Zukunft haben oder es eher den Ausverkauf bedeutet. Sibylle Stauch-Eckmann, Vorsitzende des Bundesverbandes der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV) gab hierzu einen Überblick.

„Rational gesehen müssen MVZ oder auch andere Praxisverbünde eine Zukunft haben“, so Stauch-Eckmann. Kurze Wege, geballte Kompetenz von vielen Ärzten, ein Vergleich der Operateure, Benchmark und eine höhere Struktur-Qualität kennzeichnen auch die orthopädischen Gruppen. Für die Patienten bedeute dies neueste Technik und moderne Geräte, schnelle Termine und kurze Wartezeiten. Mitarbeiter profitieren in den Strukturen eines MVZ von regelmäßigen Arbeitszeiten, kontinuierlicher Weiterbildung, Teilzeitmodellen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit der Möglichkeit von mehr weiblichen Angestellten.

Egal, ob es ein Träger mit 2 bis 3 oder eine große Kette mit 50 Standorten sei – die Zukunft gegenüber Einzelpraxen ist hier eher zu sehen. Stauch-Eckmann: „„Die Politik muss dafür die richtigen Weichen und Rahmenbedingungen schaffen, sie muss nachvollziehbare Parameter zur Qualitätsmessung für die Patienten fördern und nicht über Verbote agieren.“

In Zukunft gibt’s genügend Patienten und zu wenig Personal.

„Wettbewerb zwischen Vertragsarzt und Krankenhaus“ – dieser Vortrag ließ niemanden kalt. Einen Wettbewerb zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten um ambulante Fälle gibt es seit Jahrzehnten, sei es durch den AOP-Vertrag oder durch die über 1.700 Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in Krankenhaus-Trägerschaft.

Doch im nächsten Jahrzehnt werde sich die Art des Wettbewerbs aufgrund des Fachkräftemangels wandeln. Es gibt in der freien Wirtschaft einen Wandel hin zu einem „Anbietermarkt“, d.h. diejenigen die qualifizierte Arbeitskraft anbieten, bestimmen zunehmend die Bedingungen. Deswegen werden Vertragsärzte und Krankenhäuser zukünftig mehr um Personal als um Patienten konkurrieren. Es wird für alle Anbieter „zu viel Arbeit“ bei „zu wenig“ Personal vorhanden sein.

Unter dieser Prämisse müssten die Herausforderungen der Zukunft angepackt werden. Dabei stehen zwei Ziele im Mittelpunkt: 

  1. Wettbewerbsneutralität der Vergütungssysteme (d.h. es gilt ein Preis für eine Leistung unabhängig davon, von wem oder wo sie erbracht wird) und
  2. Komplexitätsreduzierung, wo immer möglich, um Versorger nicht von ihren eigentlichen Aufgaben oder damit verbundenen, oft langfristigen Investitionsentscheidungen abzuhalten.

„Wir können es uns nicht mehr leisten, die gleichen Leistungen in vier verschiedenen Vergütungssystemen unterschiedlich abzubilden“, sagte Thomas Czihal, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI Berlin). „Vor diesem Hintergrund liegt meine Hoffnung in der Umsetzung § 115f SGB V, der einheitliche Bedingungen für Vertragsärzte und Krankenhäuser schaffen könnte. Dabei bin ich überzeugt, dass Vertragsärzte den Wettbewerb mit Krankenhäusern nicht fürchten müssen. Ihre schlanken und effizienten Organisationsstrukturen wiegen mögliche Skaleneffekte von Krankenhauskonzernen mehr als auf.“

Vernetzung im Gesundheitswesen – wird das jemals gelingen…?

…fragte Praxisgründer UND Start Up-Gründer PD Dr. med. Oliver Miltner, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (DocOrtho Berlin) in seinem Vortrag. Während im Start Up-Bereich viele Gelder in die Digitalisierung des Gesundheitswesens gesteckt werden, wird die zentrale elektronische Patientenakte (ePA)des Bundesgesundheitsministeriums keine Erfolgsgeschichte werden. Niedergelassene Ärzte sind in ihrem Praxisalltag auf individuelle Lösungen angewiesen, die aber derzeit weder für die Ärzte noch für die Patienten zufriedenstellend sind.

Der Blick als Praxisinhaber und Start Up Gründer hat einen riesigen Vorteil, um die schwierige Materie zu erfassen. Miltner: „Die Digitalisierung der Patientenakte wird schwierig, selbst das zentralistische e-Rezept wurde wegen des Datenschutzes wieder auf Halde gelegt.“

Entscheidend sei, so Miltner, dass der Patient in den Mittelpunkt des Datentransfers rückt. Die Digitalisierung kann nur vorangetrieben werden, wenn der Patient in all den Apps und Anwendungen einen Mehrwert sieht und sie nutzt.

Da die Lösungen für einen Mehrwert individuell und verschieden sein müssen, bräuchten sie jedoch dringend gemeinsame Schnittstellen, damit alle Datensysteme kompatibel sind. Nur dann können Patienten bei jedem Arzt, jeder Praxis und jeder Klinik alle digitalen Angebote nutzen.

Bislang werden die dringend benötigten Schnittstellen jedoch von den Praxissoftware-Anbietern nicht in ausreichendem Maße freigegeben. Deshalb funktioniert die Vernetzung nicht.  

Wahnsinn Gesundheitswesen: Werden den Patienten Knorpeltherapien indirekt vorenthalten?

Dieser Frage ging Dipl. Kaufmann André Roeder auf dem Kongress nach. Lange war die autologe Chondrozyten Transplantation umstritten. Doch inzwischen hat diese Art der Knorpeltherapie ein hohes Evidenzlevel erreicht und verhilft Tausenden Patienten zurück zur Bewegung in einem beschwerdefreien Alltag.

Die etablierte Methode wurde im regulären Leistungskatalog der Kassen aufgenommen und wird für das Kniegelenk von den gesetzlichen Krankenkassen auch erstattet. Aber: der Medizinische Dienst streicht häufig NACH erfolgter Transplantation noch die Leistungen. Die Begründung: Eine ACT sei „nicht notwendig gewesen“.

André Roeder erklärt: „Dabei wird oft sozialmedizinisch argumentiert, nicht fachlich. Den Krankenhäusern wird häufig eine ´primäre Fehlbelegung´ der Kapazitäten vorgeworfen.“

Hintergrund: die Therapie selbst werde von Niedergelassenen Orthopäden in Belegkliniken durchgeführt. Und während der Niedergelassene Facharzt sein Geld für die erbrachte Leistung bekommt, bleibt die Klinik bei Streichung der Leistung im Nachhinein auf ihren Kosten sitzen. Deshalb nehmen einige Kliniken Abstand von dieser Methode, obwohl sie doch so sehr hilft. Schon nach 1-2 Jahren geht die Schere der Patienten, die bei entsprechenden Knorpeldefekten mit oder ohne ACT therapiert wurden, weit auseinander. Während die einen sogar umfangreich Sport treiben können, haben die anderen mit erneuten Schmerzen und Defekten zu kämpfen.

Künftig sollen niedergelassene Orthopäden die ACT ambulant komplett vornehmen können. Die Bewertungsmaßstäbe dafür werden derzeit gesetzt. Doch wenn dann durch den Medizinischen Dienst viele Regressforderungen kommen, wird es auch in der ambulanten „Branche“ keiner mehr übernehmen wollen. Dabei gibt es bei größeren Knorpeldefekten nicht einmal eine echte Alternative – denn die wäre ein künstliches Kniegelenk. Dies wäre aber mit 45 bis 57 Jahren weitaus zu früh, zumal Prothesen auch heute erst rund 15 Jahre halten.

Die Problematik der ACT zeige einen von vielen Bausteinen, die die Ambulantisierung des Gesundheitssystems gefährden. Und: die Patienten „im Regen stehen“ lassen, so Roeder.

Einen Ausblick auf die Weiterentwicklung des Ambulanten Operierens insgesamt gab Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. Dort schloss sich der Kreis wieder mit AOP-Vertrag und sektorengleicher Vergütung mit ihren bekannten Problematiken.

Fazit: Der BVASK wird auch weiter unverzichtbar sein in der Landschaft der medizinischen Berufsverbände Deutschlands. Mit seiner Expertise zur Ausgestaltung der Vergütungssysteme und seiner Stimme in der Berufspolitik steht der Verband für alle Belange der niedergelassenen Orthopäden und Arthroskopeure – und damit auch für das Wohl der Patienten - in den Startlöchern.

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